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Obsoleszenzmanagement Strategien

Obsoleszenzmanagement Titelbild

Autor: Michael Mauerhoff

04.09.2025

In nahezu allen Industriezweigen verlängern Unternehmen die Lebensdauer ihrer Maschinen, Anlagen und Geräte durch regelmäßige Wartung und Instandhaltung. Doch selbst bei optimaler Pflege droht ein oft unterschätztes Risiko: die Obsoleszenz von Bauteilen, Komponenten oder Software. Wenn kritische Teile abgekündigt werden und keine Nachschubstrategie vorhanden ist, können Produktionsausfälle, hohe Kosten und sogar vorzeitige Ersatzinvestitionen die Folge sein.

Genau hier setzt das Obsoleszenzmanagement an. Es beschreibt die systematische Erfassung, Überwachung und Steuerung von Ersatzteilen und Komponenten über deren gesamten Lebenszyklus hinweg. Ziel ist es, Risiken frühzeitig zu erkennen, geeignete Alternativen bereitzuhalten und die Verfügbarkeit langfristig sicherzustellen.

Der folgende Beitrag erläutert die Grundlagen, zeigt die Bedeutung für verschiedene Branchen und stellt erprobte Strategien sowie relevante Normen vor. Auf diese Weise wird deutlich, wie Unternehmen mit einem professionellen Obsoleszenzmanagement nicht nur Stillstandszeiten vermeiden, sondern auch Kosteneinsparungen realisieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern können.

Obsoleszenzmanagement: Definition

Der Begriff „Obsoleszenz“ leitet sich vom lateinischen Begriff „obsolescere“ ab. Dieser lässt sich mit „abnutzen“ oder „veraltet“ übersetzen. Erstmals genutzt wurde der Begriff vor rund einhundert Jahren. Glühlampenhersteller einigten sich auf eine Betriebsdauer von Glühlampen von 1.000 Stunden. Der Begriff Obsoleszenz etablierte sich daraufhin in der Industrie.

Unter Obsoleszenzmanagement wird die systematische Erfassung, Analyse und Überwachung von kritischen Bauteilen, Komponenten, Grundstoffen und Software verstanden, um Haltbarkeit und Verfügbarkeit über den gesamten Lebenszyklus sicherzustellen. Ziel ist es den Nachschub von Ersatzteilen von Industrieanlagen sicherzustellen und rechtzeitig auf Abkündigungen zu reagieren. Erreicht wird das, indem Überschüsse antizipiert und Muster sinkender Nachfrage erkannt werden.

Warum ist Obsoleszenzmanagement wichtig?

Die Nutzungsdauer einzelner Bauteile, Grundstoffe und Software ist deutlich geringer als die von Maschinen, Schiffen, Anlagen, Kraftwerken oder Schiffen. Eine Werkzeugmaschine ist beispielsweise über zehn Jahre einsatzfähig. Die Lebensdauer von Schiffen übertrifft meistens 20 Jahre. Ältere Investitionsgüter bleiben dank regelmäßiger Wartung oft über ihre Abschreibungsfristen in Betrieb. Ist ein Bauteil jedoch nicht mehr lieferbar, kann dies die Lebensdauer der Maschine verkürzen. Die drohende Nichtverfügbarkeit oder sogar akute Versorgungsengpässe führen zu Sonderabschreibungen und eine vorzeitige Ersatzinvestition. Proaktives Obsoleszenzmanagement kann solche Situationen verhindern oder zumindest die Folgen abschwächen.

Wer braucht Obsoleszenzmanagement?

Alle Betriebe und Organisationen, die langlaufende Anlagen und Geräte einsetzen, benötigen Obsoleszenzmanagement. Vor allem Unternehmen mit komplexen Lieferketten oder starker Abhängigkeit von einzelnen Bauteilen profitierten stark von einem strukturierten Obsoleszenzmanagement, um Umsatzeinbußen, Reputationsschäden und Stillstandszeiten zu vermeiden.

Obsoleszenzmanagement in verschiedenen Branchen

Maschinenbau

Im Maschinenbau, insbesondere bei Komponenten- oder Werkzeugmaschinensystemen, spielt Obsoleszenzmanagement eine entscheidende Rolle. Maschinen und Anlagen bleiben oft über Jahrzehnte im Einsatz. Ihre Lebensdauer übersteigt häufig jene ihrer elektronischen oder mechatronischen Bauteile.

Operationen wie die Nachfertigung von Bauteilen per Retrofit, Reverse Engineering oder Integration von 3D-Scanning-Technologien zur effizienteren Teile-Reproduktion gelten als gängige Strategien zur Verlängerung der Lebenszyklen. Solche Verfahren sind oft kostengünstiger und ressourcenschonender als komplette Maschinenneukäufe.

Darüber hinaus nutzen Hersteller strukturierte Prozesse und Datenbanken sowie Mitgliedschaften in Fachgremien, um den Produktlebenszyklus kontinuierlich zu überwachen und auf mögliche Obsoleszenzrisiken frühzeitig zu reagieren.

Automobilindustrie

Gerade bei Nischenmodellen oder Nutzfahrzeugen bleiben Systeme oft über lange Zeiträume im Einsatz, während Zulieferer Teile absatzbedingt einstellen. Strategische Vorratshaltung (Bevorratung), Lieferanten-Partnerschaften oder Restrukturierungen in der Fertigung sicher die Verfügbarkeit von Ersatzteilen.

Medizintechnik

Medizinische Geräte sind stark regulierte Systeme, bei denen jedes Teil unter Validierungsprozessen steht. Sobald ein Bauteil obsolet wird, drohen lange Zulassungsverfahren, was im schlimmsten Fall lebenswichtige Systeme lahmlegt. Daher ist eine strukturierte Obsoleszenzstrategie mit Langzeitverfügbarkeit, Nachweisführung und durchgängiger Betrachtung des Produktlebenszyklus oft integraler Bestandteil der Produktpflege.

Arten von Obsoleszenz

Grundsätzlich wird zwischen natürlicher und geplanter Obsoleszenz unterschieden. Die natürliche Obsoleszenz tritt auf, wenn Gegenstände das Ende ihrer erwarteten Lebensdauer erreicht haben und die Funktionsfähigkeit nicht mehr gewährleistet wird. Die geplante Obsoleszenz ist die von Herstellern konzeptionell vorgesehene künstliche Verkürzung der Produktlebensdauer. Dadurch werden Produkte vorzeitig unbrauchbar.

Obsoleszenzmanagement Strategien

Frühzeitige Planung

Die frühzeitige Planung ist beim Obsoleszenzmanagement wichtig. Diese umfasst die Auswahl von Lieferanten und Produkten. Bei den Lieferanten muss darauf geachtet werden, dass sie einen zuverlässigen Produktsupport anbieten. Bei den Produkten müssen potenzielle Upgrades im Hinterkopf behalten werden. Insbesondere bei Maschinenkomponenten kann der Lebenszyklus berücksichtigt werden.

Regelmäßige Überwachung

Eine weitere Maßnahme ist die kontinuierliche Überwachung der Verfügbarkeit von Maschinenteilen und Komponenten. Obsoleszenzmanagement-Tools können Unternehmen automatisch benachrichtigen, wenn ein Teil sich dem Lebenszyklus nähert oder durch Produktänderungen betroffen ist. Dadurch kann proaktiv agiert werden, indem beispielsweise Ersatzteile beschafft werden.

Nachfolgeprodukte

Nähert sich eine Komponente dem Ende ihrer Lebensdauer, so wird meist ein Nachfolgeprodukt als Ersatz eingeführt. In der Regel besitzen die Nachfolger über ähnliche oder verbesserte Funktionen und lassen sich oft problemlos integrieren. Hier muss vorher geprüft werden, ob die Spezifikationen und technischen Eigenschaften des Nachfolgeproduktes mit dem Produkt oder Anwendungsfall übereinstimmen.

Lebensdauer von Produkten und Maschinenkomponenten kennen

Es sollte nicht nur auf die Lebensdauer der Maschinen und Anlagen geachtet werden. Ebenso müssen die Lebensdauer und Haltbarkeit von den Komponenten wie beispielsweise Sensoren, Motoren, Getriebe und Pumpen berücksichtig werden. Falls die Lebensdauer der Komponenten länger ist als die der Maschine, dann ist das Obsoleszenzmanagement kein großes Problem. Umgekehrt hingegen müssen proaktiv Maßnahmen getroffen werden.

Infografik: Produktlebenszyklus

Last-Time-Buy-Strategie (LTB)

Bei der Last-Time-Buy-Strategie handelt es sich um eine präventive Maßnahme. Hierbei wird eine große Menge an Komponenten gekauft, sobald sie als veraltet oder abgekündigt angekündigt werden. Die gekaufte Reserve kann zukünftig verwendet werden, um die Verfügbarkeit der Anlagen und Maschinen sicherzustellen. Bei dieser Strategie sind jedoch eine sorgfältige Planung und Lagerung notwendig, da sie einen längeren Zeitraum beinhaltet.

Regelmäßige Audits

Eine weitere Maßnahme ist ein regelmäßiges Audit des Ersatzteillagers. Ein Audit kann helfen die Mengen, den Zustand und den Obsoleszenzstatus der Teile zu überprüfen. Eine anschließende Anpassung der Lagerbestände kann eine Überbestückung, Nichtverfügbarkeit oder Versorgungsengpässe verhindern.

Zentralisierte Ersatzteildatenbank

Die Grundlage eines guten Obsoleszenzmanagements bildet das Führen einer zentralisierten und aktuellen Datenbank aller Ersatzteile des Unternehmens. Diese muss auch wichtige Informationen wie Hersteller- und Lieferanteninformationen, Lagerbestände, Verwendungshistorie und Obsoleszenzstatus beinhalten.

Vorausschauende Analyse

Mit Hilfe historischer Daten, die von Sensoren gesammelt wurden und vorausschauender Analyse, kann eine Vorhersage getroffen werden, wann Teile vermutlich ausgetauscht werden müssen. Durch Predictive Maintenance können Lebenszyklen von Ersatzteilen proaktiv verwaltet werden.

Lieferanten-Beziehungsmanagement

Auch eine gute Beziehung zu den Lieferanten ist wichtig. Durch eine gute und vertrauensvolle Kommunikation, können Lieferanten frühzeitig über alle Änderungen im Produktionsprozess, Abkündigungen und Einführung neuer Produkte und Teile informieren. Außerdem können gute Beziehungen die Verhandlungen über Nachkäufe erleichtern.

Unterschied zur klassischen Instandhaltung

In der klassischen Instandhaltung geht es darum Anlagen am Laufen zu halten. Dabei gehört die Beschaffung der Ersatzteile und die Planung der Wartungsintervalle dazu. Der Unterschied zum Obsoleszenzmanagement liegt darin, dass vorher nicht festgehalten wird, ob das Ersatzteil noch verfügbar ist. Beim Obsoleszenzmanagement geht es um langfristige Planung und Risikominimierung.

Unterschied proaktives und reaktives Obsoleszenzmanagement

Beim Obsoleszenzmanagement gibt es zwei Ansätze, die zum Einsatz kommen können. Proaktives Obsoleszenzmanagement zielt auf eine mittelfristige, vorausschauende Planung. Beim reaktiven Obsoleszenzmanagement wird auf kurzfristige Fälle reagiert, oft durch schnelle Ersatzbeschaffung.

Proaktives Obsoleszenzmanagement

  • Frühzeitige Auswahl geeigneter Alternativen
  • Risikobewertung & Stücklistenanalyse
  • Erstellung präziser Dokumentationen
  • Auswahl und Qualifikation von Second Sources
  • Bewertung des Ausfallrisikos einzelner Komponenten

Reaktives Obsoleszenzmanagement

  • Schnelle und gezielte Unterstützung bei akutem Obsoleszenzfall
  • Last Time Buy, EOL-Management und Langzeitlagerung
  • Technische Notfall-Verlagerung und Notfall-Management
Infografik: Vergleich proaktives vs. reaktives Obsoleszenzmanagement

Normen und Richtlinen für Obsoleszenzmanagement

Für das Obsoleszenzmanagement gibt es verschiedene Normen und Richtlinien. Die wichtigste Norm ist IEC 62402, die zuletzt 2019 überarbeitet wurde. Die Norm definiert die Anforderungen und gibt Anleitungen für das Obsoleszenzmanagement.

Schnelle Lieferung von Ersatzteilen im Obsoleszenzmanagement

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Obsoleszenzmanagement ist die schnelle und zuverlässige Beschaffung von Ersatzteilen. Selbst die beste Planung stößt an ihre Grenzen, wenn ein dringend benötigtes Teil nicht rechtzeitig verfügbar ist. Digitale Plattformen wie SPAREPARTSNOW schaffen hier Abhilfe: Mit einem Sortiment von über drei Millionen industriellen Ersatzteilen und Preisvorteilen von bis zu 50 % ermöglicht die Plattform eine effiziente und kostengünstige Versorgung. Darüber hinaus greift SPAREPARTSNOW auf ein breites Partnernetzwerk zurück, das auch dann Lösungen bietet, wenn ein gesuchtes Ersatzteil nicht direkt verfügbar ist. Damit unterstützt die Plattform Unternehmen dabei, Ausfallzeiten zu minimieren und die Versorgungssicherheit nachhaltig zu gewährleisten.

Im Sortiment befinden sich Ersatzteiler bekannter Marken wie Bosch Rexroth, FESTO, Siemens, Heidenhain oder SKF.

Michael Mauerhoff

leitet das Marketing bei SPAREPARTSNOW – der digitalen Plattform für Maschinenersatzteile.

Mit einem ausgeprägten Interesse an Maschinenbau, Industrie 4.0 und digitalem Vertrieb entwickelt er Strategien, die klassische Prozesse mit modernen Technologien verbinden. In seinen Beiträgen beleuchtet er aktuelle Trends im industriellen Einkauf, zeigt praxisnahe Lösungen für die digitale Ersatzteilbeschaffung auf und wirft einen Blick hinter die Kulissen von SPAREPARTSNOW. Sein Ziel: Den Einkauf in der Industrie einfacher, schneller und wirtschaftlicher zu machen.

Bild-Quellen:

  • Adobe Stock / magele-picture
  • Adobe Stock / Gorodenkoff